Gabi Rolland
Gabi Rolland
SPD
Freiburg II [47]

Was werden Sie tun, um für die Einhaltung des 1,5°C-Ziels einzutreten?

Die SPD hat sich in ihrem Wahlprogramm das Ziel gesetzt, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten und es mit einem Restbudget von 350 bis 400 Mio. Tonnen CO2 ab 2021 belegt. Um dies erreichen zu können, sind umfangreiche Schritte nötig, wie z.B.

  • Einführen eines Zukunftsfonds Dekarbonisierung der Industrie, der Arbeitsplätze sichert und neue schafft, insbesondere angesichts der hohen Produktivität der Metall- und Elektrobranche in BW;
  • Verbindliche Wärmeplanung auch für die Landkreise, damit kleine Städte und Gemeinden ebenfalls berücksichtig werden. Hier sind oftmals interessante Lösungen möglich;
  • Unterstützung der Städte für den Umbau ihrer Fern-/Nahwärme durch die Teilnahme an europäischen Förderprogrammen;
  • Pflicht zur Installation von Photovoltaik-Anlagen bei allen Neubauten und bei Dachsanierungen, sofern technisch möglich;
  • Energetische Sanierung von (Landes-) Gebäuden vorantreiben;
  • Verpflichtende Energiebilanz für alle Gemeinden;
  • Energieeffizientes Bauen fördern – Holzbauoffensive unterstützen;
  • Einführen von Schattenpreisen in der Landesverwaltung, damit die Kosten des Verwaltungshandelns, z.B. im Beschaffungswesen, in Prozessen und Genehmigungsverfahren transparent werden und einen Preis erhalten;
  • Ausbau der Stromerzeugung durch Erneuerbare Energie auf 75% bis 2030 – hierfür sind schnellere Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen und Agrar-PV notwendig – auch auf staatseigenen Flächen wie im Wald muss das möglich sein. Das Land muss hier als Vorbild fungieren;
  • Prüfen, ob ein finanzielles/ technisches Engagement in anderen Ländern möglich ist, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren bzw. nicht zu erhöhen (ohne auf die eigenen Anstrengungen anzurechnen);
  • Stärken der Wasserstofftechnologie sowie Ausbau eines Wasserstoffnetzwerkes samt sauberer Produktion;
  • Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV durch Anbindung jedes Ortes stündlich und ein 365-Euro-Ticket;
  • Einführung von flächendeckendem Tempo 30 innerhalb der geschlossen Ortschaft – aus meiner Sicht sollte auch die Geschwindigkeit auf Landstraßen reduziert werden;
  • Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen (120/130km/h).

Was bedeutet ein Nicht-Erreichen des 1,5°C-Ziels für Freiburger*innen und Baden-Württemberger*innen konkret?

Die Auswirkungen sind bereits erkennbar und werden sich erheblich verschärfen, wenn es uns nicht gelingt, das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten. Bereits spürbare Folgen:

  • Erwärmung der Städte bis zu mehr Hitzetoten;
  • Stärkere Niederschläge und Hochwasserereignisse;
  • Zunahme von Stürmen, Dürren;
  • Zunahme der Trockenheit mit einhergehender Veränderung der landwirtschaftlichen Produktion;
  • Absinken des Grundwasserspiegels und des Wasserangebots bei Quellwasserversorgungen – wie bereits eingetreten.

Dies alles hat Auswirkungen auf die (gerechte) Verteilung von Ressourcen weltweit, aber auch zwischen den Generationen. Deshalb wird sich daraus eine soziale Frage erheben.

Verteilt man das weltweit verbleibende CO₂-Budget gleichmäßig, hat Deutschland voraussichtlich 2024 sein gesamtes CO₂-Budget für das 1,5°C- Ziel aufgebraucht. 
Hat das für Sie und Ihre Partei eine Konsequenz und wenn ja welche?

Über die Beantwortung von Frage 1 hinaus muss der Preis der CO2-Zertifkate deutlich erhöht und auf alle emittierenden Bereiche ausgeweitet werden. Ferner muss der globale Norden dem globalen Süden helfen, nicht die gleichen Fehler zu machen, aber ihm ermöglichen, den gesellschaftlichen und individuellen Wohlstand zu mehren – das aber auf Augenhöhe. Ferner können wir, ohne es wirklich zu merken, auf 5% unsere Wohlstandes verzichten.

Wobei aber auch in Deutschland darauf geachtet werden muss, dass alle Maßnahmen sozial gerecht umgesetzt werden.

Welche Ideen und Visionen verfolgen Sie und Ihre Partei für ein grundsätzliches Umlenken in unserer Gesellschaft und Wirtschaft?

Die Corona-Pandemie zeigt deutlich, dass die neoliberalen Entscheidungen nicht der richtige Weg waren und sind. Deshalb muss die Produktion von Gütern der Daseinsvorsorge wieder dezentralisiert werden.

Die SPD ist auch der Auffassung, dass wir unser Wirtschaftssystem verändern müssen. Einen ersten Schritt in diese Richtung ist die Einführung einer Gemeinwohlbilanz in den Einrichtungen und Beteiligungen des Landes. Ich würde gerne auch mein Abgeordnetenbüro einer Gemeinwohlbilanz unterziehen. Begonnen habe ich damit.

Ich bin der Auffassung, dass durch die Gemeinwohlökonomie die Verantwortung jeglichen Handelns in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens verbessert und wirklich nachhaltig wird.

Gut ist, dass der Bundestag/die Bundesregierung ein Lieferkettengesetz beschlossen hat. Auch das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Wie werden Sie Bürger*innen in die Gestaltung dieses tiefgreifenden Übergangs einbinden?

Alle genannten Maßnahmen funktionieren nur, wenn die Bürgerinnen und Bürger in die Prozesse einbezogen werden. Hierfür müssen die „richtigen“ Instrumente angewandt werden – diese sind so vielfältig wie die Menschen.

Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig, die Umsetzung der Maßnahmen auf Augenhöhe und dergestalt zu machen, dass es keine Verlierer*innen gibt, sich niemand zurückgesetzt fühlt und alle spüren, dass sie ein positiver Teil der Energie- und Verkehrswende sind, auf den es ankommt.

Ein wichtiger Baustein hierfür ist Bildung für nachhaltige Entwicklung. Ich denke, es ist wichtig, dass es hierfür noch mehr Engagement gibt.

Für mich ist wichtig, dass ich sowohl in meinem politischen Engagement wie auch im privaten Handeln glaubwürdig bin. Deshalb nehme ich in der Regel meine Termine per Fahrrad oder ÖPNV wahr, benutze Flugzeuge, wenn überhaupt, nur dienstlich und versuche, meinen Lebensstil an Nachhaltigkeit zu orientieren. Sicher gelingt es mir nicht immer.

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